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Quellentext zum Thema Schuld

 

Schuld [ahd. Schuld (a), zu sculan ´schuldig sein`, ´sollen`, ´müssen`], 1) Philosophie und Religion: etwas, das man tun soll, eine Schuldigkeit, im Alltagsverständnis Verpflichtung zu einer (Geld-) Leistung (Zahlungsschuld; lat. debitum); Schuld haben: ´Urheber von etwas Verderblichem sein`, Verantwortung für die Verletzung eines rechtlichen, sittlichen oder religiösen Gesetzes oder Gebotes (Schuldigwerden; lat. culpa); auch die unrechte Tat. 

- Beim Schuldbegriff im Sinne des Schuldigwerdens handelt es sich um eine Kategorie der Selbst- oder Fremdbewertung menschlichen Handelns, wobei das Verschulden – im Sinne einer fahrlässigen oder vorsätzlichen Unterlassung, Tat oder eines Vorsatzes dazu und deren Folgen- immer ein benachteiligendes oder schädigendes Verhalten gegen Menschen bezeichnet. Beurteilungsinstanzen der Schuld sind das eigene Gewissen, vor dem das Individuum sich als schuldig erfährt (Schulderfahrung, Schuldbewusstsein, Schuldgefühl),

Gott, die anderen Menschen, Beurteilungskriterien auch die in einer Gruppe oder Gesellschaft geltenden moralischen Normen, im juristischen Sinne das geltende Recht. Mit der Anerkenntnis einer Schuld ist der Gedanke einer möglichen Tilgung der Schuld durch Wiedergutmachung, Sühnung (Strafe), Reue, auch ein Verzeihen vonseiten des Betroffenen verbunden.

Im philosophischen Verständnis ist der Schuldbegriff wesentlich durch die Pflichtethik

I. Kants geprägt worden. Schuld meint bei Kant ein Zuwiderhandeln gegen das Sittengesetz, indem von diesem abweichende ethische Maximen zu Bestimmungsgründen des Handelns werden. Schuldfähig ist der Mensch als moralisches Wesen, insofern er frei ist zu wählen und sich in seinen Handlungsgründen selbst zu bestimmen. Auf der Stufe der Gesinnung werden drei Stufen der Schuld im Sinne eines „natürlichen Hangs“ des Menschen zum Bösen unterschieden: 1) Gebrechlichkeit der menschlichen Natur, aus der die Möglichkeit einer Abweichung von gutem Willen und Vollbringen resultiert; 2) eine Beimischung unmoralischer Motive, d.h. individueller Neigungen, zu den moralischen; 3) Bösartigkeit.

An sich weder gut noch böse, jedoch mit dem Hang zum Guten und zum Bösen begabt, kann der Mensch das Gute in sich zur Herrschaft bringen, wenn er die Achtung für das Sittengesetz zum Bestimmungsgrund seines Willens und seiner Maximen erhebt.

Im ethischen Sinne setzt Schuldigwerden die Freiheit, Verantwortlichkeit und Moralität des Menschen voraus, d.h. die Möglichkeit, zwischen Alternativen zu wählen, sich der eigenen Entscheidungen unter Berücksichtigung ihrer möglichen Tragweite bewusst zu sein, wie auch ein Bewusstsein sittlicher Werte als auch von der Willkür des Einzelnen unabhängige und moralisch verbindliche Gründe für das Handeln. Für die Zurechenbarkeit moralischer Schuld spielen demnach die Größe des Unrechts, die subjektive Einsicht in den Unwertcharakter und der Grad der dabei gegebenen Willensfreiheit des Handelnden eine Rolle. So kann etwa unter Zwang, aus Bedrohung oder Notwehr begangenes Unrecht nicht im eigentlichen Sinne als moralische Schuld angesehen werden. Mangelndes Unrechtsbewusstsein oder die Berufung auf einen blinden Befehlsgehorsam reichen andererseits aber nicht aus, um den Einzelnen von moralischer Schuld etwa im Zusammenhang mit Verbrechen gegen die Menschenwürde freizusprechen. Im Rahmen seiner Auseinandersetzung mit der Frage der Schuld an den Verbrechen des Faschismus unterscheidet Jaspers vier verschiedene Schuldbegriffe: kriminelle Schuld, politische Schuld (Handlungen des Staates, für die dessen Angehörige mit zu haften haben, „politische Haftung“), moralische Schuld (Handlungen des Einzelnen, die vor dem eigenen Gewissen verantwortet werden müssen) und metaphysische Schuld

(widerstandslose Hinnahme von Verbrechen, die an anderen begangen werden, eine Schuld, die nur vor Gott verantwortet werden kann). Mit dem Gedanken der politischen Haftung soll die Schuld der Hauptverantwortlichen an den Verbrechen des Faschismus aber nicht relativiert oder gemildert werden; die These von einer Kollektivschuld der Deutschen wird von Jaspers vielmehr im moralischen Sinne als ein kollektives Bewusstsein der Scham und Mitverantwortung verstanden.

Quelle: Brockhaus Enzyklopädie. Band 19. Mannheim 1992

bearbeitet von: Corinna Schein und Stella Feldmann



Letzte Änderung am 01. Oktober 2006  ·  Copyright © 2000-2006 Christoph Schmidt